Gute Recruiter:innen sind für Unternehmen extrem wichtig. Angesichts der jüngsten Kündigungswelle im Bereich der Personalbeschaffung fürchten die Mitarbeitenden aktuell allerdings um ihre Position. Was bedeutet das langfristig für das Recruiting und auch für die Unternehmenskultur?
In der heutigen, wettbewerbsorientierten Geschäftswelt und angesichts des Fachkräftemangels sind Beschäftigte im Bereich Recruiting von entscheidender Bedeutung, um erstklassige Talente zu identifizieren und für das Unternehmen zu gewinnen. Im Laufe der Jahre und angepasst an die verändernden Anforderungen der Arbeitswelt, hat sich die Rolle der Personalbeschaffer:innen weiterentwickelt: Sie sind zu den Schatzsuchenden des Talentmarktes geworden. Dennoch müssen sie aktuell um ihre Position bangen. Große Technologieunternehmen wie Google bauen massiv Personal ab – darunter auch eine Reihe von Recruiter:innen. Inwiefern könnten die langfristigen Auswirkungen der Welle von Kündigungen im Bereich der Personalbeschaffung die Unternehmen und deren Rekrutierungsprozesse beeinflussen?
Das Recruiting: die Schlüsselrolle in der Personalbeschaffung
Beschäftigte im Bereich Recruiting müssen heutzutage den Spagat zwischen Identifizierung erstklassiger Talente in einem wettbewerbsorientierten Markt und der Anpassung, an die sich ständig verändernden Anforderungen der Arbeitswelt bewältigen – sie sind wahre Organisationstalente und koordinieren den Personalbeschaffungsprozess. Sie wissen, wo sie die Talente finden, kennen sich mit aktuellen Trends aus und verfügen über Netzwerke und Beziehungen. Auch GenZ wissen sie über Plattformen wie TikTok zu erreichen. Während die Personalbeschaffer:innen Stellenanzeigen schreiben, Vorstellungsgespräche führen und Active Sourcing betreiben, stehen sie im engen Austausch mit den Personalverantwortlichen. Langfristig sind Recruiter:innen für Unternehmen also von entscheidender Bedeutung.
Strukturelle Anpassungen anstelle von Entlassungen
Trotz der vermeintlichen Wichtigkeit der Recruiter:innen kündigen sowohl Tech-Riesen als auch kleine Startups derzeit in großem Umfang Mitarbeitende. Ein erfahrener Personalverantwortlicher empfiehlt jedoch den Unternehmensleitungen vorsichtig zu sein. Der Top-Recruiter Sergej Zimpel hält die Kündigungen in der Personalbeschaffung für kurzsichtig. Recruiting-Abteilungen arbeiten nicht nur im operativen Tagesgeschäft, sondern auch langfristig an strategischen Themen, wie dem Aufbau von Talent-Pipelines. Bei der hohen Entlassungsquote würden Konzepte und Strategien vernachlässigt werden, die in einigen Jahren eventuell essenziell für den Recruiting-Prozess sein können.
Neben den Kündigungen im Recruiting ist auch der Abbau von HR und Diversity-Personal problematisch. Sie spielen eine entscheidende Rolle bei der Gestaltung einer wertschätzenden Unternehmenskultur sind besonders für die jüngere Generation und deren Bedürfnisse wichtig. Viele Angestellte schätzen eine offene Einstellung gegenüber Vielfalt und ein unterstützendes Umfeld, in dem sie Innovation und persönliche Entwicklung anstreben können. Gerade langfristig sollten daher Berufsfelder, die sich um die Anliegen der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter kümmern, nicht außer Acht gelassen werden.
Der Personalexperte Sergej Zimpel empfiehlt Personalvermittler:innen nicht direkt zu kündigen, sondern solange der Bedarf fehlt, in anderen Bereichen unterzubringen. In der Organisationswelt werden Recruiter:innen aufgrund ihrer ausgeprägten analytischen Fähigkeiten und starken Kommunikationskompetenzen hoch angesehen. Sie können in verschiedenen Bereichen, darunter Projekt- und Produktmanagement, Account-Management sowie Vertrieb, äußerst effektiv eingesetzt werden, bis wieder mehr Bedarf besteht. Führungspositionen sollten also im Bereich des Recruiting anstelle von Entlassungen vorerst strukturelle Anpassungen in Betracht ziehen.